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Das Branding Tool für UX Writers: Der Voice & Tone Guide

Catharina Kelle
Catharina Kelle
15. Dezember 2022

Was war UX Writing nochmal?

UX Writing – das ist die Disziplin, die sich mit Sprache als essenziellem Teil der User Experience beschäftigt und Methodiken entwickelt, um großartige Microcopy für Buttons, Fehlermeldungen, Hilfetexte, Onboardings und vieles mehr zu implementieren.

In meinem letzten Blogartikel habe ich zu UX Writing eine kleine Einführung geschrieben, die Sie hier nachlesen können: Was ist UX Writing und warum wir es im Branding brauchen

Und was ist Voice & Tone?

Die UX Writing Grundregeln klarpräzisenützlichkonsistentconversational geben eine gute Orientierung vor, wie wir als UX Writer gute Microcopy schreiben können, die effektiv ist und für unsere Nutzer*innen einen guten Job macht.

Aber was ist mit der Markenstimme? Wie bringen wir sprachlich rüber, wer wir als Brand sind, nach welchen Werten wir handeln? Schreiben wir formell, oder eher locker? Duzen oder siezen wir unsere Nutzer*innen? Und was ist mit Humor, sind wir lustig? Und wenn ja, wie lustig?

Mit brandkonformem UX Writing machen wir die Interaktion mit den Nutzer*innen persönlicher und menschlicher, binden Nutzer*innen an die Marke und bringen nicht zuletzt die Unternehmensziele in der UX unter.

Damit wir nicht bei jeder Fehlermeldung aufs Neue überlegen müssen, wie wir die jetzt brandkonform formulieren wollen, gibt es dafür eine Methodik. Und die ist die systematische Entwicklung von Voice & Tone.  In einem Voice & Tone Guide halten wir fest, wie wir welche Inhalte formulieren, um sicherzustellen, dass wir passend zu unseren Markenwerten kommunizieren und unsere Nutzer*innen in jeder Situation auf der richtigen sprachlichen Ebene ansprechen.

Aber was genau ist Voice, und was ist Tone?

Voice ist die unveränderbare Markenstimme, die auf den Markenwerten basiert. Sie ist die Grundlage für jede Kommunikation und ihre zugrundeliegenden Prinzipien werden immer eingehalten.

Tone ist der Ton, den wir mit unserer Voice anschlagen, und der die Voice kontextbewusst macht. Er variiert je nach Kontext, Medium und Empathie, die wir mit der anderen Person teilen. Beispielsweise haben Fehlermeldungen in der Regel einen anderen Tone als Erfolgsmeldungen, da sich Nutzer*innen in völlig unterschiedlichen (emotionalen) Kontexten befinden.

Eine Marke hat also eine Voice, in der sie mit unterschiedlichen Tones spricht.

Warum Voice & Tone wichtig ist

Die Nielsen Norman Group hat in einer Studie festgestellt, dass Sprache messbare Auswirkungen darauf hat, wie Nutzer*innen eine Marke wahrnehmen und sich während Interaktionen fühlen. Ohne eine einheitliche Sprache bzw. Voice wird Kommunikation schneller zum Problem, als man denkt.

Darum haben auch wir als Teil unserer Rebranding Journey einen Voice & Tone Guide erstellt, der festhält, wie unsere Marke mit Nutzer*innen spricht, wie wir online kommunizieren und über unsere Arbeit sprechen.

Darum brauchen Marken Voice & Tone:

  • Macht Interaktionen mit der Marke menschlich #ConversationalDesign
  • Integriert Unternehmensziele/ die wichtigsten Botschaften in die User Experience
  • Macht die Marke einzigartig und wiedererkennbar
  • Hilft Nutzer*innen, Vertrauen und emotionale Bindung zur Marke aufzubauen
  • Stellt sicher, dass in jeder Situation angemessen kommuniziert wird
  • Befähigt Kolleg*innen, markenkonform zu schreiben
  • Stellt sicher, dass Texte und Microcopy accessible für alle Nutzergruppen ist und wir mit unserer Sprache niemanden verletzen oder ausschließen

Wie haben wir unseren Voice & Tone Guide entwickelt?

Um für uns als Marke Centigrade einen Voice & Tone Guide zu erstellen, haben wir folgende To Do Liste abgearbeitet.

Phase 1: Die Marke

  • Vision: Was ist unser Nordstern, unser Ideal, zu dem wir etwas beitragen wollen?
  • Mission: Wie fördern wir jeden Tag den Wandel, den wir uns auf lange Sicht wünschen?
  • Werte: Was sind unsere Markenwerte, nach denen wir handeln?

Output: Wer sind wir? Was für eine Persönlichkeit hat unsere Marke? Denn nur wenn wir wissen, wer wir als Marke sind, können wir daraus ableiten, wie die Marke sich in bestimmten Situationen verhält und mit Nutzer*innen spricht.

Praxistipp: Einen guten Einstieg in das Thema Persönlichkeit der Marke bieten Persönlichkeitstests wie 16Personalities. Einfach mal einen solchen Test im Namen der Marke ausfüllen und schauen, welche Persönlichkeit herauskommt. Das kann ein guter Ausgangspunkt sein, um nicht auf einem leeren Blatt zu starten.

Phase 2: Die Nutzer*innen

  • Welche Probleme und Bedürfnisse hat unsere Zielgruppe? Und wie lösen bzw. erfüllen wir sie als Marke?
  • Was motiviert sie, was frustriert sie?
  • Welche Beziehung wollen wir zu unserer Zielgruppe haben? Welche Rolle wollen wir für sie einnehmen?
  • Wie sollen unsere Nutzer*innen sich fühlen, wenn sie mit unserer Marke interagieren?

Output: Wie positionieren wir uns emotional gegenüber unserer Zielgruppe? In welchem tonalen Rahmen wollen wir mit ihnen kommunizieren?

Phase 3: Die Interaktionen

  • Grundlegendes: Du oder Sie? Gendern wir? Nutzen wir Emojis? Etc.
  • Auf welchen Kanälen kommuniziert die Marke mit den Nutzer*innen?
  • Welche unterschiedlichen Situationen/Kontexte/emotionale States machen Nutzer*innen mit der Marke durch? Stichwort: Von Erfolgs- bis Fehlermeldungen! Dabei kann es helfen, die komplette User Journey zu betrachten und Schlüssel-Interaktionsmomente zu definieren.

Output: Hier passiert die meiste Arbeit. Nachdem wir Markenpersönlichkeit und den ersten Rahmen unserer Tonalität auf unsere Zielgruppe angepasst haben, definieren wir folgendes:

  • Content Style Guide als Sammlung sprachlicher Grundrichtlinien (von der Ansprache der Zielgruppe und Gendern über die Nutzung von Fachbegriffen bis zu Englisch und Denglisch – einfach alles, was sich auf unsere Sprache bezieht)
  • Brand Voice Chart: Eine Tabelle mit 3 bis 5 Adjektiven, die unsere Voice beschreiben, und weiteren Tipps und Parameter, wie mit diesen Adjektiven getextet werden kann.
Voice Chart Beispiel leer

Voice Chart Beispiel (leer)

  • Definition unseres Tone: Welche Tones für welche Inhalte (z.B. Blogartikel, Emails, Social Media Posts), Kommunikationsmedien (z.B. Product/Software, Website, LinkedIn, Instagram) und Situationen, in denen sich unsere Nutzer*innen gerade befinden (z.B. Krisenkommunikation, Erfolgsmeldungen)

Praxistipp: Die Nielsen Norman Group definiert 4 Dimensionen, in denen der Tone of Voice sich bewegen kann. Das sind folgende:

  • Ernst vs. Witzig
  • Respektvoll vs. Frech
  • Formell vs. Locker
  • Sachlich vs. Enthusiastisch

Diese 4 Dimensionen kann man sich als Skalen vorstellen, auf denen man den Schieberegler je nach Inhalt, Medium und Situation anpassen kann.

Der Voice & Tone Guide

Unseren Voice & Tone haben wir in einem Guide festgehalten, wie viele Marken ihn benutzen, zum Beispiel Buffer oder Shopify. Dieser Guide steht allen Kolleg*innen zur Verfügung, die für die Marke schreiben.

Es ist nicht unser Ziel, dass alle unsere Writers genau gleich klingen, und dass all unsere Texte wirken, als kämen sie von ein und derselben Person. Was unsere Writers und somit unsere Texte vereinen soll, ist nicht der Gleichklang wie von einer Roboterarmee geschrieben, sondern dass Nutzer*innen merken, dass jede Person, die für Centigrade schreibt, die gleichen Werte vertritt. Wir wollen, dass Nutzer*innen denken: „Hier schreibt jemand von Centigrade.“

Jeder Schreibprozess beginnt immer mit Einfühlungsvermögen. Ein Voice & Tone Guide ersetzt das nicht. Aber er gibt uns die Möglichkeit, diese Empathie über unsere Content- und UX-Teams hinaus konsequent und methodisch zu nutzen.

Ressourcen und Tools zum Weiterlesen

Buffer Voice & Tone

Shopify Voice & Tone

The Four Dimensions of Tone of Voice von nngroup

The Impact of Interaction Design on Brand Perception von nngroup

 

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