Schauen Sie sich diese Sätze und Worte an. Fühlen Sie sich gut abgeholt und in Ihrer Situation ernst genommen? Verstehen Sie, was das Problem ist? Wissen Sie, was Sie als nächstes tun müssen? Wissen Sie genau, was passiert, wenn Sie den Button anklicken? Wenn Sie überwiegend mit nein geantwortet haben, habe ich eine gute Nachricht: Mit gutem UX Writing sind solche UI-Texte passé.
UX Writing ist ein relativ junges Feld in der UX-Welt. Gerade auf dem deutschen Markt ist UX Writing noch nicht etabliert. Als UX Writer ist es daher ein wichtiger Teil des Jobs, zu erklären, was wir tun, wie wir es tun und warum. In diesem Blogartikel möchte ich Sie abholen, Ihnen erklären, was UX Writing ist und warum wir es uns nicht leisten können, all die kleinen Texte und Worte in unseren digitalen Produkte weiterhin stiefmütterlich zu behandeln.
Was ist UX Writing?
UX Writing beschäftigt sich mit allen Worten und Texten, die Nutzer*innen lesen oder hören, wenn sie ein digitales Produkt nutzen: Button Labels, Hilfetexte, Fehlermeldungen, Notifications und so weiter.
„It’s the discipline behind text in user interfaces and a distinct field that looks at language as a means to enhance user experiences and support user journeys through clear narratives, word choice, information hierarchy, and more.
The word choice, length, style, and construction of any text can impact how well a user understands the goal and benefits of features and tasks.“
– Google Material Communication Principles
Diese kurzen Worte und Sätze in einem digitalen Produkt nennen wir Microcopy. Microcopy in einem digitalen Produkt oder Service hat 3 Kernaufgaben:
- Nutzer*innen vor einer Aktion motivieren und Orientierung geben
- Nutzer*innen während einer Aktion begleiten, führen und unterstützen
- Nutzer*innen nach einer Aktion Feedback geben
Ziel guter Microcopy ist, Nutzer*innen dabei zu helfen, ihre Ziele mit einem Kompetenzerlebnis zu erreichen, und gleichzeitig die Unternehmensziele zu stützen. Als UX Writers ist es unsere Aufgabe, nach außen die passende Microcopy für unsere Nutzer*innen zu schreiben und nach innen durch kluge Dokumentation (zum Beispiel in Content Style Guides oder Content Design Systems) konsistente Co-Creation zu ermöglichen.
Welche Aufgaben zählen zu UX Writing?
Es gibt noch keine klare Abgrenzung oder Begriffsdefinition für die junge Disziplin UX Writing. Sogar der Begriff UX Writing ist nicht konkurrenzlos: Stellenausschreibungen mit den gleichen Anforderungen heißen auch Content Designer, Content Strategist, Product Writer oder ganz anders.
Auch der Aufgabenbereich von UX Writers kann von Team zu Team und Projekt zu Projekt variieren. Im weitesten Sinn sind es die Disziplinen Content Strategy, Branding, Information Architecture, Research und Concept Design, in denen ein*e UX Writer*in sich wohlfühlt und mitreden sollte. Scoping, Personas, Szenario, User Stories, Storyboards, Research, Brand oder Product Voice and Tone – ohne all diese Informationen und Kontexte können wir keine nutzer*innenzentrierte Microcopy schreiben.
Was sind die Grundregeln für gutes UX Writing?
Es gibt bestimmte Grundregeln für starke Microcopy, die je nach Brand, Projekt oder Team unterschiedlich priorisiert werden können.
Klar
Einfach und schnell verständliche Texte fördern das wichtige, subjektive Empfinden von „schnell durchkommen“ bei Nutzer*innen. Ambiguität, Komplexität, schlechtes Erwartungsmanagement oder Unklarheiten verlangsamen Nutzer*innen hingegen.
Präzise
Das heißt vor allem: so kurz wie möglich die Kernnachricht auf den Punkt bringen. Die Texte sollten genau so viele Informationen geben, wie Nutzer*innen in ihrer Situation brauchen. Nicht mehr.
Nützlich
UX Writing ist immer zielorientiert. Darum beschreibt gute Microcopy eine Handlung („auswählen“), nicht ein Verhalten („klicken“). Nutzer*innen müssen aus den Texten eine Handlung für sich ableiten können, die sie ihrem Ziel näherbringt.
Conversational
Die Maximen einer Konversation sollten eingehalten werden. Das heißt vor allem Empathie gegenüber Nutzer*innen und Nutzungskontext, natürliche und erwartungskonforme turn-based Interaktionen, kooperative Unterstützung und Fehlertoleranz.
Weitere Kriterien für gutes UX Writing sind beispielsweise Konsistenz, Accessibility, Inclusivity, Übersichtlichkeit und Brand-Konformität.
UX Writing und Voice & Tone
„Kannst du mal schnell ein Label für diesen Button schreiben?“ Alle UX Writers kennen diese Anfragen. Kein Kontext, keine Infos, schreib einfach das Buttonlabel und stell keine Fragen.
Aber zum UX Writing gehört mehr, als man auf den ersten Blick sieht. Die Microcopy eines Produkts folgt einer bestimmten Product Voice. Sie spricht in verschiedenen Tones mit den Nutzer*innen, je nach Situation und Stimmung der Nutzer*innen.
Voice & Tone entsprechen entweder dem des Brands, zu dem das Produkt gehört, oder sind produktspezifisch. Und idealerweise ist das UX Writing nicht einfach ein Mischmasch aus Worten und Sätzen, die Entwickler*innen, Designer*innen und andere Projektbeteiligte zwischendurch ins Interface reingeklatscht haben, damit da kein Lorem Ipsum mehr steht. PS: Bitte benutzen Sie kein Lorem Ipsum.
Wenn es noch keinen Voice & Tone Guide gibt, übernehmen UX Writers es gerne, einen solchen zu erstellen. Denn eine methodische Aufarbeitung der Produkt-Kernaussagen und des Mehrwerts, und diese zu übersetzen in Stimme und Tonfall für alle Texte gehört sowieso zu unserer Vorarbeit dazu. Diese Vorüberlegungen sind essenziell, um sicherzustellen, dass jedes Button Label, jede Fehlermeldung und jede Notification Nutzer*innen und Unternehmen effektiv dabei hilft, ihre Ziele zu erfüllen.
Was UX Writing außerdem für Marken tun kann
Indem UX Writing das Nutzungserlebnis verbessert, stärkt es also die Marke und macht mehr aus dem Produkt und der Interaktion zwischen Mensch und Computer. UX Writing sorgt dafür, dass Nutzer*innen gerne mit Ihrem Produkt arbeiten und auch immer wieder gerne zurückkommen.
Denn je besser ein Brand seine Zielgruppe versteht, und je mehr sich dieses Verständnis in der Microcopy des Produkts widerspiegelt, umso stärker bindet das Produkt Nutzer*innen an sich.
„Gut geschriebene Microcopy, die genau dort erscheint, wo sie gebraucht wird, verhindert Probleme bei der Durchführung einer Aktion. Sie spart dem Benutzer wertvolle Zeit und erspart ihm Frustration und das Gefühl der Hilflosigkeit. Einige wenige Worte, die genau dann erscheinen, wenn der Benutzer sie braucht, verhindern negative Erfahrungen, und Ihre Marke nimmt keinen unnötigen Schaden.“
-Kinneret Yifrah, „UX Writing & Microcopy“
Wer jetzt noch zweifelt, ob Mini-Textschnipsel wie ein Button Label wirklich einen Unterschied machen, kann die Geschichte von UX Writer Jared Spool lesen: How Changing a Button Increased a Site’s Annual Revenues by $300 Million
Fazit
Worte erschaffen eine User Experience ebenso wie das Konzept und das visuelle Design. Gute Microcopy kann Interaktionen stärken, Nutzungszufriedenheit verbessern und Nutzer*innen an einen Brand binden; schlechte Microcopy kann Nutzer*innen verwirren, frustrieren, vertreiben.
Kurz: Worte sind wichtig. So wichtig, dass sie es wert sind, von Expert*innen geschrieben zu werden.
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