Nicht jeder mag Google Produkte. Dennoch werden sie von fast jedem Menschen verwendet, der über einen Computer, ein Tablet oder ein Smartphone verfügt. Es ist faszinierend, wie eine von zwei Studenten gegründete Firma einen Großteil des Markts eroberte, zum begehrten Arbeitgeber wurde und uns jedes Jahr mit innovativen Ideen überrascht. Und es ist noch faszinierender, dass eine Firma mit 60.000 Mitarbeitern sich anscheinend keine guten Interfaces leisten kann.
Als visuelle Designerin und Perfektionistin achte ich auf die Ästhetik der Produkte, die ich benutze. Aber Google verwendet keine beeindruckenden Effekte, liebevollen Details oder Ähnliches. Vielleicht stellen sie bewusst den Inhalt in den Vordergrund. Doch auch wenn das Interface der Google-Suche heute viel besser aussieht als vor sechs Jahren, fällt mir nur der Begriff „steril“ dazu ein.
Man könnte daher vermuten, dass Googles Interfaces sauber, klar und gut benutzbar sind – aber stimmt das wirklich? Bei Centigrade machen alle Designer gemeinsame Reviews mit Kollegen, um Verbesserungen an ihrer Arbeit vorzunehmen. Solch ein kleines Review würde ich gern mit Ihnen für Googles Interfaces durchführend. Als bekanntes und einfaches Beispiel habe ich die Google-Suche ausgewählt, um zu prüfen, ob etwas besser gelöst werden könnte.
Allgemeine Fragen
1. Wird Material Design verwendet? Ich bin großer Fan dieser Designsprache von Google und versuche, sie so oft wie möglich bei meiner Arbeit einzusetzen. Aber warum verwendet Google seine eigene Designsprache nicht? Ich bin mir zum Beispiel sicher, dass die beiden Buttons „Google-Suche“ und „Auf gut Glück“ sogenannte „Raised Buttons“ sein sollten.
2. Zugänglichkeit: Offensichtlich haben diese Buttons nicht genug Kontrast. Ihre Leserlichkeit könnte besser sein. Überprüfen können wir das mit WebAIM, einem großartigen, weit verbreiteten Tool, das den Farbkontrast von Vordergrund (Text) und Hintergrund mit den Normen Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.0 vergleicht.
Kein Kommentar.
Die Buttons „Google-Suche” und „Auf gut Glück“
Die Buttons werfen noch weitere Fragen auf. Sie sind das erste, was man auf der Startseite sieht, aber was machen sie dort? Die Benutzer können sie nie anklicken. Wirklich! Probieren Sie es selbst! Man kann zwar auf „Google-Suche“ und „Auf gut Glück“ klicken, wenn das Suchfeld leer ist. Für den ersten der Buttons ist das aber sinnlos, da es kein Suchergebnis liefert. Der zweite führt zu etwas ganz anderem – der Doodles-Seite. Sobald man aber etwas ins Suchfeld tippt, springt man zur Suchergebnis-Seite und die beiden Buttons sind nicht mehr da.
Oh, und wo wir dabei sind, Google: Wo sind die tollen Animationen, die im Styleguide erwähnt werden?
Sogar wenn man „Instant-Ergebnisse neu anzeigen“ in den Sucheinstellungen auswählt hat und etwas in das Suchfeld auf der Startseite eingibt, kann man die Buttons nicht anklicken, weil sie durch andere Buttons ersetzt werden:
Was machen sie also hier?
Suchergebnis-Seite
1. Suchfeld: Man kann den Suchbegriff nicht mit einem Klick löschen. Das ist mein Ernst. Ein Löschen-Button in Suchfeldern ist mittlerweile De-Facto-Standard im Interface Design. Nicht in der Google-Suche. Hier gibt es diesen Button nicht. Wenn man dagegen aber die Google Websuche-Hilfe öffnet, landet man in einer ganz neuen Welt, wo Google Material herrscht, wo Suchfelder Löschen-Buttons haben und Menschen noch zu hoffen wagen.
2. Mysteriöse Schaltflächen: Wenn man angemeldet ist und „Private Ergebnisse verwenden“ eingestellt hat, sieht man rechts oben drei Buttons: eine Person, eine Erdkugel und ein Zahnrad. Ich habe einige Zeit gebraucht, um die drei Buttons zu verstehen. Ich bin zwar keine fortgeschrittene Google-Benutzerin, aber Interface Designerin, und habe daher Erfahrung mit Buttons. Nach wenigen Minuten hatte ich verstanden, welcher deaktiviert, welcher ausgewählt und welcher im Normal-Zustand ist. Sie unterscheiden sich, aber nur sehr subtil. Schauen wir uns die Sache zusammen an:
Die Funktion des Optionen-Buttons ist klar – er öffnet ein Drop-Down-Menu. Aber die anderen beiden sehen merkwürdig aus. Der erste, „Alle Ergebnisse anzeigen“, scheint deaktiviert zu sein, hat aber einen Hover-Effekt und lädt auf Klick die Suchergebnisse neu. Die Frage ist also: Wenn der Button deaktiviert ist, warum ist er klickbar? Und wenn er aktiv ist und Funktionalität hat, warum hat er einen anderen Stil mit einem helleren Icon als der Einstellungen-Button? „Private Ergebnisse werden nicht angezeigt“ dagegen scheint ausgewählt zu sein, ist aber auch klickbar und lädt ebenfalls die Suchergebnisse neu. Um ehrlich zu sein verstehe ich diese beiden Buttons immer noch nicht.
3. Die Firmen-Karte ist mein Lieblingselement. Sie erscheint, wenn man einen Firmennamen sucht, zum Beispiel Google:
Schön, und fast Material Design! Wohlgeordnete, interessante Informationen. Mich stört nur der „mehr“-Link in der Tochterunternehmen-Zeile. Nicht weiter schlimm, dass er genau wie der Name eines Tochterunternehmens aussieht, aber seine Interaktion ist merkwürdig. Man sollte annehmen, dass der Link einfach die Liste erweitert. Überraschung! Er lädt die Seite neu (obwohl der Inhalt gleich bleibt) und blendet oben einen großen schwarzen Slider ein. Warum, weiß nur Google. Das Unerklärlichste ist aber, dass man den Slider nicht schließen kann, egal wie sehr man ihn auch verabscheuen mag! Und man kann den „mehr“-Link noch immer anklicken, weil er noch immer da ist, obwohl man die SEHR auffällige Liste der Tochterunternehmen schon sieht.
Natürlich kritisiere ich nur relativ kleine Details. Im Großen und Ganzen sind Googles Interfaces sehr klar und intuitiv. Und da Google eine große Firma mit unglaublichen personellen und finanziellen Möglichkeiten ist, bin ich zuversichtlich, dass sie mit meiner Kritik umgehen können.
Googles Erfolg spricht für sich selbst. Aber ich glaube auch, dass es nichts gibt, das nicht verbessert werden kann. Und ich hoffe, dass eines Tages die Google-Suche ein ästhetisches Vergnügen sein wird. Aus meiner Sicht wird Google erst dann bei allem, was sie machen, führend sein.