Blog

Der Traum vom Weltmeistertitel: Was die Software-Entwicklung von Jogi Löw lernen kann – Teil 2

Alexander Keller
Alexander Keller
31. Mai 2016

Im letzten Artikel ging es um die Frage, wie wir die Zukunft der IT-Branche in Deutschland durch Nachwuchsarbeit weiter sichern können und die große Frage, wie sich Software-Teams besser aufstellen können. Als Analogie zum Software Engineering beziehe ich mich auf Fußball als Sportart, die uns viel über Teamarbeit lehren kann und der ich selber mit Leidenschaft seit meiner Kindheit nachgehe.

Wie wird aus interdisziplinären Experten ein Team?

Im letzten Teil haben wir die Vorteile von breit aufgestellten Gruppen aus Experten kennen gelernt. Doch wie wird aus einer Gruppe von unterschiedlichen Menschen, die in unterschiedlichen Disziplinen arbeiten, wirklich ein Team?

Jeder Trainer im Mannschaftssport muss sich dieser Herausforderung stellen. Aus meiner Erfahrung als Jugendtrainer kann ich sagen, dass es eine enorme Herausforderung ist. Spannender kann eine Aufgabe aber auch nicht sein. Wie schaffe ich es, eine Gruppe unterschiedlicher Charaktere so zu beeinflussen, dass alle in eine Richtung rudern und dabei auch noch Spaß haben und somit zu Höchstleistung auflaufen?

Hier kommt für mich der Begriff Motivation ins Spiel. Aus meiner aktiven Laufbahn als Fußballer kann ich Folgendes berichten: Ich hatte selbst viele Trainer. Von ehemaligen Bundesligaspielern bis zu Bezirksliga-Kickern. Letztlich war es für mich enorm wichtig, wenn ein Trainer/Motivator durch Kompetenz überzeugte. Hierbei zählen auch kaum alte Erfolge. Jürgen Klinsmann wäre bestimmt nicht aufgrund seiner alten Erfolge von den Spielern respektiert und geschätzt worden, wenn er als Trainer schlechte Arbeit geleistet hätte. Ein Spieler merkt sehr genau, ob ein Trainer in dem, was er macht, kompetent ist. Kompetenz überzeugt letztendlich und schafft Vertrauen. Ein Beispiel: Thomas Tuchel, eines meiner größten Vorbilder, trainiert heute den Spitzenclub Borussia Dortmund. Selbst war er nie Spitzenfußballer. Wie schafft er es also, Weltmeister wie Mats Hummels für ein Bundesligaspiel in Darmstadt zu motivieren?

Weniger Vorgaben – Mehr Selbstverantwortung

Der Schlüssel zum Erfolg ist meiner Meinung nach, jeden Spieler individuell abzuholen. Für mich als Trainer bedeutet das, den Spielern entsprechende Rahmenbedingungen zu bieten, sie zu begleiten, aber nicht zu bevormunden. Jeder muss selbstverantwortlich Entscheidungen treffen und sich dadurch erreichbare Ziele setzen. Somit kann sich jeder individuell weiterentwickeln, aber trotzdem gemeinsam als Gruppe effektiv größere Ziele erreichen.

Hierzu ein Auszug aus den Trainingsmethoden von Thomas Tuchel: „…Aber wir erhalten in den Leitplanken, die das Feld vorgibt, ihre maximale Kreativität“ beschreibt Tuchel seine Trainingsform. (Quelle)

Mit den „Leitplanken“ gibt Thomas Tuchel also die Rahmenbedingungen vor. Darin lässt er aber die Spieler eigenverantwortlich Entscheidungen treffen und fördert damit ihre Kreativität. Trotzdem steuert er durch die Übung auf ein Ziel der kompletten Mannschaft zu. Er wollte, dass seine Mannschaft das Spielsystem „Diagonal Flache Pässe“ beherrscht. Dies gelingt hervorragend durch die Übungsform mit dem Feld einer Raute wie im Bild unten zu sehen.

Im Vergleich der einfache „Longline Pass“ den Tuchel vermeiden wollte.

Wie sah das 2014 bei der Nationalmannschaft aus? Jogi Löw und Oliver Bierhoff brachen erneut Regeln, um perfekte Rahmenbedingungen für ihre Philosophie zu schaffen. Das mittlerweile bekannte Campo Bahia mit Unterkünften, in denen mehrere Spieler unterschiedlicher Vereinsmannschaften zusammen wohnten, wurde als zentrales Lager des Projektes 4. WM Titel (#wirfuer4) geschaffen. Sie gaben den Rahmen vor, den Wohnort, aber wie die Spieler in den Häusern lebten war ihnen überlassen. Zu den bis dato fest vorgegebenen Zimmeraufteilungen in Doppelzimmern eine echte Innovation. Selbstverantwortung hieß das Zauberwort.

Oft höre ich von Personen, die mit Fußball nichts anfangen können, dass der Sport primitiv sei. Definitiv gibt es den Aspekt des biertrinkenden Hobby-Fußballers. Genauso gibt es den Hobby-Hacker, der seine Website selbst bastelt und gestaltet. Der Anspruch dieser Menschen ist es aber auch nicht, besonders erfolgreich in diesem Bereich zu werden.

Darum steht für mich außer Frage, dass man von Menschen wie Thomas Tuchel oder Jogi Löw, welche im absoluten Spitzenbereich einer Disziplin arbeiten, etwas lernen kann. Dies war Motivation für uns bei Centigrade, die Denkansätze der Spitzen-Coaches so zu adaptieren, um sie gewinnbringend bei der täglichen Arbeit einzusetzen. Es geht darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, um Teammitglieder zu Höchstleistungen zu bringen. Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, folgen ein paar Beispiele, wie wir diesen Denkansatz bei Centigrade gewinnbringend einsetzen.

Die Arbeitsplätze können bis zu einem definierten Grad individuell an persönliche Bedürfnisse angepasst werden. Hierbei spielt das Wohlergehen eines Mitarbeiters eine entscheidende Rolle. Wenn das lange Sitzen, das im Bürojob zwangsläufig auftritt, zum täglichen Problem eines Mitarbeiters wird, kann er stattdessen an einem höhenverstellbaren Stehschreibtisch arbeiten.

The workstation can be adapted to the personal needs.

Direkt messbar ist der Mehrwert für die Entwicklung an sich zwar nicht, aber ergonomisches Arbeiten wird einen Software-Entwickler gesünder, zufriedener und produktiver machen. Ein weiterer Punkt zur Steigerung der Motivation könnte hier das Hören von Musik während der Arbeit sein. Einige kennen das vielleicht schon aus dem Sport, wie beispielweise beim Joggen oder im Fitnessstudio.

Aber auch mit unseren Kunden wollen wir in einer guten Atmosphäre arbeiten. Um ein besseres Verständnis für die jeweiligen Kollegen zu bekommen, vereinbaren wir regelmäßige Termine vor Ort mit dem Kunden. Hierbei kommt es nicht selten vor, dass ein gemeinsames Abendessen und näheres Kennenlernen dem Hotelzimmer vorgezogen werden.

On an trip with other employees.

Durch gemeinsame Abende, wie hier bei unserem Kunden TRUMPF (CH), wird so eine optimale Basis für die gemeinsame Arbeit geschaffen. In einem Ambiente außerhalb des Arbeitsplatzes, wo sich jeder wohlfühlt, ist ein näheres Kennenlernen und damit ein besseres Verständnis füreinander sehr schnell zu schaffen.

Durch flache Hierarchien in unserer Organisationsstruktur bekommt jeder Mitarbeiter bei Centigrade die Möglichkeit, Verantwortung in dem für ihn passenden Rahmen zu übernehmen. Interne Workshops helfen dabei, Erfahrungen und Wissen unter Kollegen weiterzureichen und motivieren zudem, selbst einen Beitrag für die stetige Weiterentwicklung zu leisten. So kann z.B. jeder Mitarbeiter auch eigene Ideen für Blogartikel vorschlagen um sich einem Thema intensiver zu widmen.

Chaos durch zu viele Freiheiten?

Neben diesen Freiheiten müssen jedoch klare Schranken festgelegt werden, die gemeinsam akzeptiert und gelebt werden. So existieren beispielsweise für die Software Engineers firmenweit geltende „Coding Conventions“, welche gemeinsam stetig weiterentwickelt und gelebt werden. Das Einhalten dieser Schranken fällt innerhalb einer wie oben beschriebenen Struktur niemandem schwer. Denn durch die hohe Selbstverantwortung und die daraus entstehende Motivation wird die Einhaltung ohne große Sanktionen oder Strafen gewährleistet. Durch Sanktionen entsteht oft negativer Druck. Jürgen Klopp nahm seinen Spielern diesen Druck, indem er darauf vertraute, dass selbstverantwortliches Handeln besser funktioniert als harte Sanktionen. Unter Druck zu arbeiten macht keinem Menschen Spaß. Daraus resultiert wohl auch die Einstellung, mit der er seine Spieler motiviert:

„Ich glaube nicht daran, dass die Angst vorm Verlieren dich eher zum Sieger macht als die Lust auf Gewinnen. Und die Lust auf Gewinnen ist das, um was es geht. Das weckt die Gier in dir. Das macht dich aus. Das lässt dich leicht laufen. Das lässt dich über deine eigenen Möglichkeiten hinauswachsen. Das macht dich besonders stark. Und diese Lust auf Gewinnen, die tobt in mir!“ – Jürgen Klopp (Quelle: Werbespot von Jürgen Klopp)

Daraus folgt auch für Centigrade, das es nach einer Niederlage keine „Straftrainings“ gibt – eher eine Belohnung nach einem gewonnen Spiel. Beispielsweise gab es für die drei besten Teams unseres MVP Days Teamevents einen Besuch in der LaserTag Arena in Saarbrücken.

Fazit

Die Faktoren von „Erfolg“ eindeutig zu definieren, ist schwierig. Aber Erfolg ist auch immer das Ergebnis einer stetigen Weiterentwicklung. Diese stellen wir bei Centigrade sicher, indem wir konstant daran arbeiten, die optimalen Rahmenbedingungen zu schaffen, um eine möglichst positive Einstellung der Mitarbeiter zu erreichen. Nur so können wir weiterhin als UX-Team in der Spitzenklasse mitspielen.

Möchten Sie mehr zu unseren Leistungen, Produkten oder zu unserem UX-Prozess erfahren?
Wir sind gespannt auf Ihre Anfrage.

Senior UX Manager
+49 681 959 3110

Bitte bestätigen Sie vor dem Versand Ihrer Anfrage über die obige Checkbox, dass wir Sie kontaktieren dürfen.